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"Das ist natürlich eine neue Dimension"

Auch in diesem Jahr veranstaltet unserer Marathonabteilung einen Lauf gegen Rechts. Genau wie im Vorjahr wird dieser Lauf mit Blick auf die Corona-Pandemie im Mai dezentral veranstaltet. Wir haben mit der Abteilung über die Notwendigkeit dieser Veranstaltung und die Besonderheiten des Laufes zu Zeiten von Corona gesprochen.

Moin! Der Lauf gegen Rechts findet in diesem Jahr zum zehnten Mal statt. Vielen Dank für Eure tolle Arbeit im Kampf gegen Rechtsextremismus! Dass der Lauf nun zehn Jahre am Stück stattfinden muss, war von Euch weder geplant oder erwünscht, oder?

Nein, damit haben wir weder gerechnet noch haben wir das geplant. Seit dem ersten Lauf gegen Rechts 2012, der als Teil eines sehr breiten Bündnisses gegen die Nazi-Aufmarsch "Tag der deutschen Zukunft" stattgefunden hatte, hat sich einiges verändert - aber leider nicht zum Besseren. In den zehn Jahren gab es immer wieder rassistische Übergriffe Morde und ein Wegschauen auf bestehenden institutionellen Rassismus. Für die Angehörigen und Betroffenen rassistischer und sexistischer Gewalt sind diese Wiederholungen schon lange nicht mehr aushaltbar. Jetzt zeigt der gerade in Stuttgart begonnene Prozess gegen die rechtsterroristische Gruppe S, dass militanter Neofaschismus immer noch eine reale Gefahr in diesem Land darstellt. Auch Verbindungen der Gruppe S nach Hamburg sind offensichtlich. Zudem sind in der aktuellen Covid-19-Pandemie Verbindungen und Verflechtungen Rechtsradikaler und altbekannter Neonazi-Strukturen mit Corona-Leugner*innen allgegenwärtige Realität.

Was macht Euch aktuell am meisten Angst?

Genau die in der letzten Frage aufgezeichneten Punkte sind Ausdruck tiefer Beunruhigung und Angst. Kontinuität rechtsterroristischer Strukturen, die nicht abreißende Kontinuität rassistischer, antisemitischer und sexistischer Übergriffe und Morde verursachen ein Gefühl von Angst, Entsetzen und Wut. Diese bekannten und zunehmenden Radikalisierungen der rechten Szene ermutigen Täter wie in Halle, Hanau und vielen anderen Orten zu ihren mörderischen Aktionen. Zusammen mit Angehörigen und Betroffenen stellen wir uns die Frage, warum das in diesem Land nicht aufhört. Warum gibt es so wenig strukturelle, effektive Aufarbeitung und Veränderung, um weitere Taten möglichst zu verhindern?

In diesen Zeiten gibt es aber auch immer wieder Menschen und Aktionen, die einem Kraft geben. Was stärkt Euch?

In diesen Zeiten, die durch die Pandemie beeinflusst sind, ist es sicher schwieriger, den Support von Menschen zu spüren. Aber trotz allem sind die Rückmeldungen an uns, was den Lauf gegen Rechts betrifft, ausgesprochen positiv. Wir freuen uns sehr, dass sich, wie schon letztes Jahr, Menschen aus ganz Europa zum Lauf gegen Rechts unter Lauf gegen Rechts 2021 egal wo-weil es notwendig bleibt! anmelden. Natürlich war der Support vor Ort in all den Jahren davor direkter spürbar, aber unter den erschwerten äußeren Bedingungen freuen wir uns sehr über den regen Zuspruch, der uns über Social Media Kanäle und E-Mails erreicht.

Im vergangenen Jahr liefen alle Läufer*innen für sich. Wie kam dieser dezentrale Lauf an?

Ja, das war letztes Jahr wirklich eine spontane Veränderung und für alle eine neue Art, den Lauf gegen Rechts durchzuführen. Es haben sich erstmals einige Leute aus anderen europäischen Ländern gemeldet (Niederlande, Russland, Schottland, Österreich). Das ist natürlich eine neue Dimension, die wir mit dem Lauf vor Ort gar nicht erreichen konnten. Hier ist vielleicht eine Anekdote zu erzählen: Leute aus der Umgebung von Gifhorn, die jedes Jahr zuvor zum Lauf gegen Rechts zur Alster kamen, haben vor Ort zu dritt einen Lauf abgehalten. Dies wurde von der örtlichen Presse aufgegriffen und dann in einem Artikel über die Notwendigkeit antirassistischer Aktionen positiv gewürdigt.

Wird es in diesem Jahr auch so ablaufen?

Wir haben uns gerade entschieden, unter der momentanen Pandemie-Lage die Anmeldung für einen Lauf vor Ort nicht weiter zu verfolgen. Wir finden es ausgesprochen wichtig, sich solidarisch im Kampf gegen Covid-19 zu verhalten. Daher bitten wir auch alle Läufer*innen, sich individuell und dezentral laufend gegen Rechts zu positionieren. Dazu rufen wir auch alle Läufer*innen dazu auf, unter #lgr21 ihren Lauf zu dokumentieren und in sozialen Medien zu veröffentlichen. Für Leute, die die sozialen Medien selber nicht benutzen möchten, bieten wir an, Fotos und Statements an unsere E-Mail-Adresse info@lauf-gegen-rechts.de zu schicken, die dann auf der Lauf-gegen-Rechts-Facebook-Seite veröffentlicht werden können.

Mit welcher Hoffnung denkt Ihr an den Lauf gegen Rechts 2021?

Wir hoffen sehr, dass durch solidarisches Verhalten kommendes Jahr Covid-19 keine lebensbedrohliche Infektion mehr darstellt und wir 2022 dann wieder, wie in den Jahren vor der Pandemie, einen gemeinsamen Lauf um die Alster stattfinden lassen können. Aus heutiger Perspektive scheint es leider auch im Jahr 2022 noch notwendig zu sein, gegen Rechts um die Alster zu laufen zu müssen.

Danke für das Gespräch und Euer Engagement!

Anmelden könnt Ihr Euch auf der Seite der Marathonabteilung!

#saytheirnames #leavenoonebehind #fightfascism #lgr21

 

(lf)

Foto: FC St. Pauli

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